Süsse Weihnachten - von Peter Peter Maibach

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Doch, Weihnachten mag ich gerne. Sehr sogar. Am liebsten ist mir die Vorfreude im Dezember auf die festlichen Tage, der Advent. Lange hielt ich mich an die Berner Regel meiner fernen Jugend: Zuerst der Zibelemärit, dann 1. Advent mit einem schlichten Adventskranz, dann der Samichlous und die ersten Mandarindli. Und dann presto, presto vorwärts Richtung Feiertage, Familie und Festessen.

Schön war es, in der guten alten Zeit. Denn neuerdings startet bereits an Halloween der weihnächtliche Jahresendspuk. Kleine Plaggeister hämmern an unserer Haustüre und fordern lautstark: „Süsses oder Saures!“ Natürlich gibt es immer Süsses und genau da beginnt meine kleine Weihnachtsstörung: Der Weg zum Weihnachtsfest ist mit Süssigkeiten gepflastert.

Süsse Versuchungen

Alle Jahre wieder schlagen die Allwissenden in den Illustrierten ihre Purzelbäume: „Gibt es gute Kalorien? Tut Zucker wirklich gut? Ja, braucht es überhaupt Zucker?

“In Weihnachtsgebäck und in Schokolade auf jeden Fall! Und lieber zu viel, als zu wenig, behauptet die backende Gilde. Ich wäge die Meinungen ab und sage mir: „Probieren geht über Studieren!“ Widerstand ist sowieso zwecklos.

Denn Jahr für Jahr werden die Köder ausgelegt: Süsse Seelenwärmer und nahrhafte Aufmerksamkeiten liegen wunderschön drapiert und in optimaler Griffhöhe an allen Wegen und Pfaden, von der heimischen Küche bis hin zum Fernsehsessel.

Aus den üblichen Trampelpfaden werden lockende Strassen der Versuchung. Hier ein herziges Körbli, dort ein schmuckes Tellerchen, ein Säckli, ein Truckli mit Leckereien nach alten Rezepten aus dicken, klebrigen Kochbüchern. Arrangiert mit bunten Schokoladekugeln, drapiert um Berge von Erd- und Baumnüssen. Dazwischen einzelne dekorative Tannzweiglein und Kerzli. Aber die zählen eigentlich nicht, denn die sollte man nicht essen. Besser zum Verzehr eignen sich die Alibi-Mandarinen mit ihrem vitaminreichen Kontrast zur Beruhigung des schlechten Gewissens.

Bilder 2017 04 2828 01Alle backen!

Eine Epidemie greift um sich: Freundinnen, Freunde, deren Kinder, Grosseltern, Tanten ja sogar wildfremde Menschen schwingen den Teiglöffel, lassen die Knetmaschine aufheulen, kippen sackweise Zucker in die Teigschüssel. Und Butter! Und überhaupt, alles, was die Ernährungsberaterin verboten hat. Nur so nebenbei: Diese und die Zahnfee haben eine Selbsthilfegruppe gegründet und treffen sich im Advent regelmässig im Botanischen Garten, bei den exotischen Früchten.

Hilfe!

Die Tage werden kürzer und der Gürtel leider ebenso. Wie bloss sollen wir die Zeit bis in den Januar durchhalten, ohne zu platzen? Halten Sie sich an die exklusiven, erprobten Tipps eines Diätdinosauriers. So kommen Sie federleicht durch die Weihnachtszeit:

  • Treiben Sie keinen Sport. Bewegung verbrennt Kalorien, und die wollen reichlich ersetzt werden. Zudem ist es viel zu gefährlich. Denn wer einen Unfall erleidet, wird in der Regel mit Süssigkeiten getröstet.
  • Messen Sie die zunehmende Körperfülle nicht am Hosenbund. Fokussieren Sie sich auf die Schuhe. Wenn sie passen, werden sie nicht enger.
  • Vermeiden Sie Fake-News! Stellen Sie sich nicht auf die Waage. Wenn es doch unbedingt sein muss, vermeiden Sie den Blick auf die Anzeige. Denken Sie daran: Nur wer sich wägt hat Gewichtsprobleme.
  • Überkleben Sie die Anzeige der Waage und denken Sie sich beim Wägen eine schöne, neue Zahl. Autosuggestion ist schnell gelernt, schon nach wenigen Tagen fühlen Sie sich beschwingt und sind dem Idealgewicht nahe.
  • Verschieben Sie nicht auf Morgen, was Sie heute essen können. Arbeiten Sie vor: Süssigkeiten, die sie heute vertilgen, machen sie morgen nicht mehr schwer.
  • Verwirren Sie ihren Stoffwechsel und ersetzten Sie ab und zu die Süssigkeiten durch Fondüs oder ähnlichen bekömmlichen Wintergerichten. Vor lauter Schreck verbrennt der Körper gleich alle Kalorien einer ganzen Woche! Sicher!

Weihnachten voraus!

Doch alle Tricks nützen nichts, wir wissen es längst. Selbstverständlich werden wir am 2. Januar alle unsere guten Vorsätze auf einmal befolgen. Ein neues Leben wird beginnen: Wir werden nur noch lauwarmes Wasser trinken, uns ausschliesslich von Rüebli ernähren und pausenlos Sport treiben.

Bis dahin gilt das zwölfte Gebot: "Was soll's?" Es ist Weihnachtszeit, und das gibt’s nur einmal im Jahr. Es ist immer wieder schön: Feiertage, Familie, Freunde, Festessen. Süsse Versuchungen gehören genauso dazu, wie ein eigenwillig interpretiertes "Oh Tannenbaum" auf den quietschenden Blockflöten unserer kleinen Künstlerinnen und Künstler.